Donnerstag, 2. Mai 2013

Von religiösen und internationalen Begegnungen 02.05.2013

Entschuldigt die leichte Verzögerung! Dummerweise hab ich mir eine Erkältung eingefangen und daher die letzten beiden Tagen hauptsächlich in der Horizontalen verbracht, inmitten von Bergen aus Taschentüchern und Medikamenten. Ich hab sogar ein paar Unterrichtsstunden ausfallen lassen. Schweren Herzens, aber es ging nicht anders. Zum einen hätte mich das tatsächlich zu sehr angestrengt. Zum anderen hatte ich einfach keine Lust, mich die ganze Zeit missbilligend angestarrt zu fühlen... In Japan (und soweit ich es hier beurteilen kann auch in anderen Teilen Asiens) ist es üblich, schon beim leichtesten Kratzen im Hals eine Maske zu tragen - also einen weißen Papierschutz über Mund und Nase, der verhindern soll, dass andere sich anstecken. Diese Absicht ist ja durchaus nachvollziehbar. Aber ich kann das echt nicht. Ich versuche ja wirklich, mich so weit wie möglich an die hiesigen Gepflogenheiten anzupassen. Zum Beispiel laufe ich auch bei schönstem Wetter nicht barfuß auf dem Rasen im Park, obwohl das ja eigentlich eine Vergewaltigung der Füße ist. Gut, hier wird das nun mal nicht gern gesehen und ich akzeptiere das. Aber bei aller Liebe - so eine Maske zu tragen, würde bedeuten, dass ich mich total unwohl fühle und an dieser Stelle würde die Anpassung für meine Verhältnisse dann einfach ein bisschen zu weit gehen...

Aber eigentlich will ich euch ja von meinem letzten Wochenende erzählen. Für den Samstagabend hatte ich mich mit ein paar anderen Austauschstudenten verabredet. Eigentlich hatte ich gedacht, wir würden nach Tokyo fahren und tanzen gehen oder was auch immer. Aber wo bin ich letztendlich gelandet? Bei einem Lehrtreffen für junge Menschen, die sich für Buddhismus interessieren^^ Oder besser: bei einem Treffen für junge Männer, die sich für Buddhismus interessieren. Denn als wir ankamen, war die Lehrstunde für die Frauen gerade vorbei. Aber da ich nun schon einmal da war, durfte ich bei den Männern zuhören. Begonnen sowie beendet wurde die Veranstaltung mit einer Art Gebet, bei der ein bedeutungstragender Spruch in einem Singsang wiederholt wurde. Ansonsten wurden eben ein paar Ideen aus dem Buddhismus vorgestellt und von den Zuhörern fleißig notiert. Auf Japanisch hab ich nicht wirklich viel verstanden, immer nur ein paar recht zusammenhangslose Stichworte. Zu meiner Beruhigung hat man uns später erklärt, dass dank der vielen speziellen religiösen Ausdrücke der Inhalt auch für Japaner nicht ganz einfach war. Für uns Ausländer wurden aber die Grundgedanken auch noch auf Englisch übersetzt. Das alles war eigentlich auch ganz nett - bis zu dem Punkt, an dem ich mich gefühlt hab, als wollten sie alle Teilnehmer des Treffens zu Instrumenten der Politik machen. Ich bezweifel eigentlich nicht, dass die meisten Buddhisten von Grund auf herzensgute Menschen sind. Genau deshalb konnte ich es auch nicht ganz verstehen, als dann erklärt wurde, dass die Vereinigung, die das Treffen organisiert hat, einer bestimmten japanischen Partei nahe stehe. Ok, es besteht auch die Möglichkeit, dass ich auf Japanisch einfach was falsch verstanden hab. Aber meiner Meinung nach wurden die Leute aufgefordert, die Partei doch bei Facebook (ja, moderner Wahlkampf^^) zu unterstützen und einen Fragebogen von möglichst vielen Freunden ausfüllen zu lassen, damit die Daten an diese Partei weitergereicht werden können...Schon strange, oder?

"Hanami" auf dem Campus
Am Sonntag war dann ein Hanami von den Wohnheimleitern geplant - wohlbemerkt, die Kirschblütenzeit ist längst vorbei und im gesamten Blickfeld gab es nicht eine einzige Blume! Aber der Zweck der Veranstaltung war ja auch nicht wirklich, Blumen anzuschauen, sondern Leute aus anderen Gebäuden und Wohneinheiten kennen zu lernen. Daher durften wir unsere Plätze auch nicht selbst wählen, sondern mussten losen, bevor wir uns auf den obligatorischen blauen Plasteplanen niederlassen durften. Die waren so schön vorbereitet worden auf dem Campus. Aber Japaner sind nicht nur sehr kälteempfindlich...Ich hab das Gefühl, dass gemeinsam mit dem ersten warmen Sonnenstrahl auch automatisch die ersten zum Sonnenschutz umfunktionierten Regenschirme auftauchen müssen! Da ist endlich zum ersten Mal so richtig tolles Wetter! Und was passiert? "Lasst uns alle in den sicheren Schatten flüchten..." -.- Aber ihr kennt mich: Ich hab mir meine Sonne natürlich nicht nehmen lassen ;-)
Nicht ohne meine Sonne! ;-)



Niedlich war auch mal wieder das "Programm" der Veranstaltung:


Punkt 1: Freie Gespräche in der Gruppe - na gut, dass sie das nochmal erwähnt haben xD 
Punkt 2: Wett-Essen unnatürlich süßer Sachen 
Punkt 3: Bingo - ohne Bingo ist so eine Veranstaltung hier gar nicht denkbar. 
Punkt 4: Noch einmal freie Gespräche



 
Basketball mit internationalen Teams
Jubelnde Fans ;-)
Aber mein australischer Klassenkamerad Henry und ich dachten uns eher, dass zu so einem schönen sonnigen Tag doch ein gutes Bierchen gehört. Also haben wir uns nach dem Ende der Veranstaltung mit ein paar Dosen Bier zum Basketballplatz vor dem Wohnheim begeben, wo die Jungs gleich mal den Basketball ausprobiert haben, den der Deutsche Lars beim Bingo gewonnen hatte (Bingo ist also nicht ganz verkehrt^^). Wir Mädels haben uns doch eher mit Zuschauen begnügt und schon mal mit dem Bier angefangen. Allerdings haben wir irgendwann festgestellt, dass unter ca. 15 Leuten auf dem Gelände Koreaner, Chinesen, Taiwanesen, Amerikaner, Deutsche und ein Venezuelaner waren, jedoch kein einziger Japaner. Und ich meine mich zu erinnern, auch eher Englisch als Japanisch gehört zu haben...Warum sind wir doch gleich in Japan? Irgendwas lief da wohl falsch ;-) Zum Abschluss des Abends sind aber doch noch ein paar Japaner dazugestoßen und wir haben das Wochenende in recht internationaler Runde in einem Pub ausklingen lassen.


Im Pub in Kashiwa

Morgen startet erst mal ein neues, viertägiges Wochenende. Wir befinden uns gerade mitten in der "Golden Week". In Japan liegen Ende April/Anfang Mai drei Feiertage recht nah beeinander. An einem davon hatten wir aber Unterricht. Jedenfalls nehmen viele Leute an den Tagen dazwischen Urlaub, um mal wirklich verreisen zu können, da sonst längere Urlaube nicht drin sind. Genau aus diesem Grund verreise ich nicht: Die Preise sind in unermessliche Höhen gestiegen und die Menschenmassen möchte ich mir eigentlich auch gar nicht an tun!

Beenden möchte ich den heutigen Eintrag mal wieder mit einem Zitat, das ich neulich in einer Reportage gehört habe und das einfach zu mir passt:

“Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.” (Karl Valentin)

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